CLTC oder WLTP: Wie weit kommen chinesische Automarken?

Die Elektroautos sind scheinbar unaufhaltsam, doch trotz größter Bemühungen, den Autofahrern die Angst vor der Reichweite bei E-Autos zu nehmen, ist sie noch immer Thema Nummer 1 in der Diskussion um Stromer. Chinesische Hersteller machen in dieser Hinsicht den deutschen gehörig Feuer unterm Hintern – es werden gigantische CLTC-Reichweiten versprochen. Doch stopp! Was bedeutet die Abkürzung überhaupt und ist sie zuverlässiger als WLTP? Wir klären euch auf.

Mit chinesischen Modellen können wir derzeit noch nicht aufwarten, dafür findet ihr in unserer Flotte E-Autos von Tesla, BMW, VW und Porsche. Wollt ihr ein Elektroauto mieten, seid ihr mit CarVia bestens beraten.

CTLC: Testverfahren aus China

BYD, MG, Xpeng und auch Nio sind starke Kontrahenten, mit denen sich die etablierten Hersteller in Deutschland und Europa seit wenigen Jahren messen müssen. Daher wird die Abkürzung CLTC immer wichtiger, je mehr Elektroautos es aus China nach Europa schaffen.

Der „China Light-Duty Vehicle Test Cycle“ (CLTC), das chinesische Prüfverfahren für leichte Nutzfahrzeuge, liefert eher unzuverlässige Messergebnisse – zumindest für unsere Verwendungszwecke sind die Angaben bedingt korrekt.

Als Teil der „China Automotive Test Cycles“ (CATC) wurde die Prüfung vom „China Automotive Technology & Research Center“ entwickelt, um einerseits den veralteten NEFZ zu ersetzen, andererseits die Unabhängigkeit von europäischen Prüfprozessen zu sichern. Die Abkürzung steht für „Neuer Europäischer Fahr-Zyklus” (NEFZ), im englischen oft mit NEDC abgekürzt. Das Verfahren war seit den 90ern im Einsatz, allerdings mit eher bescheidenen Resultaten.

Beim CLTC unterscheidet man übrigens zwischen der Testung von Passagier- und kommerziell genutzten Fahrzeugen:

  • CLTC-P: Für normale PKWs erstellt.
  • CLTC-C: Für Kleinbusse, Transporter und andere mehrspurige Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen.

WLTP & CLTC: Worin unterscheiden sich die Messverfahren?

China hatte zwar an den Diskussionen zum WLTC teilgenommen, sich jedoch letzten Endes für einen eigenen Weg entschieden. Einerseits sollte natürlich die Unabhängigkeit gewahrt werden, andererseits fand man, dass sich die Verwendung von Fahrzeugen je nach Land zu stark unterschied.

China hat also auf Basis der WLTP-Testung seinen eigenen Zyklus entwickelt. Dabei liegt der Fokus auf den eigenen Straßenverkehrsregeln und Verwendungszwecken, beispielsweise auf eine niedrigere Spitzengeschwindigkeit: statt der maximal 131 km/h wurde mit 114 km/h getestet. Hinzu kommen mehr Leerlaufphasen, mit der Simulation von Ampel-Stau rückt auch der Stadtverkehr stärker in den Vordergrund.

Der CLTC wird seit 2020 für rein batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge, Autos mit Brennstoffzellen und schwere Nutzfahrzeuge verwendet. Noch bis 2025 verwendet Fernost allerdings weiter WLTP mit – wenn auch nur für leichte Nutzfahrzeuge, Plug-in-Hybride und Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen.

Sagen euch die Abkürzungen nichts? In unserem Blog-Beitrag zu WLTP-Reichweite und WLTC sehen wir uns das europäische Testverfahren genauer an.

CLTC: So wird die E-Auto-Reichweite ermittelt

Ausführlich ist der Test nicht unbedingt, in genau 30 Minuten werden alle benötigten Informationen gesammelt. Insgesamt werden dabei weniger als 15 Kilometer zurückgelegt – über die Aussagekraft lässt sich also streiten.

Aufgeteilt ist der Test in drei Abschnitte: einen mit geringer, dann mit mittlerer und schließlich mit hoher Geschwindigkeit. Da viel in der Stadt getestet wird und damit eine niedrigere Geschwindigkeit sowie viele Beschleunigungs- und Bremsvorgänge einhergehen, ist der durchschnittliche Verbrauch viel höher als bei der NEDC oder der WLTC.

Sind die CLTC-Angaben schlicht falsch?

Nein, das sind sie nicht – also zumindest lässt sich das nicht pauschal sagen. Wie bereits erwähnt, ist das Verfahren speziell für den chinesischen Markt entwickelt worden. Der zugrundeliegende Ansatz ist dabei ziemlich genial.

Die Verantwortlichen folgten über einen Zeitraum von drei Jahren jeder einzelnen Fahrt von mehreren Tausend Fahrzeugen. Anschließend wurden die Daten mit Informationen von Flottenbesitzern verrechnet. Der Testzyklus basiert also auf den Erkenntnissen aus mehreren Millionen gefahrenen Kilometern – in China. Das Ergebnis eines CLTC-Tests kann also bei uns komplett irreführen, während es in China fast deckungsgleich mit der real erreichten Reichweite sein kann.

Seid ihr also in hauptsächlich warmen und milden Klimazonen sowie in Stadtgebieten unterwegs, kann die angegebene CLTC-Reichweite über 95 Prozent genau sein.

Chinesische Automarken: Warum Fernost immer wichtiger wird

In Deutschland etablierte Hersteller wie die Urgesteine BMW, Mercedes-Benz und VW, aber auch Tesla und Co. geraten zusehends unter Druck. Im Straßenverkehr sieht man immer häufiger Modelle chinesischer Hersteller wie Nio, BYD, XPeng, Zeekr oder auch MG.

Man darf sich auch nicht mehr wundern, warum: Niedrige Preise bei hohem Komfort bis hin zum Luxus, fortschrittliche und innovative Technik gepaart mit solider Reichweite, das sind allesamt solide Argumente – selbst, wenn besonders beim letzten Punkt zum Teil etwas viel versprochen wird.

2023 wurden insgesamt fast 525.000 rein elektrische Fahrzeuge zugelassen, davon stammten nur 5,5 Prozent aus China. Das ist noch relativ wenig, die Zahl sollte in den nächsten Jahren aber massiv zunehmen … auch, weil bei genauem Hinsehen nicht alle in Fernost gefertigten Fahrzeuge auch wirklich ein chinesisches Logo auf der Motorhaube tragen.

Wagen & Marken aus Asien: ein Überblick

Noch sind die Erzeugnisse recht unbekannt, doch angesichts der steigenden Bedeutung empfiehlt es sich, doch zumindest mal von den wichtigsten Marken und deren Fahrzeugen gehört zu haben. Damit ihr euch nicht ewig durch die Websiten von Anbietern klicken müsst, haben wir euch die am ehesten hierzulande vertretenen Hersteller samt Modellen und der dazugehörigen Reichweite in einer Tabelle zusammengefasst.

Damit ihr eine echte Vorstellung zur Reichweite habt, ist – wenn möglich – die vom ADAC im Ecotest gemessene Reichweite angegeben, nicht die durch WTLP oder CLTC ermittelte.

der aiways u5 in hellblauder aiways u5 in hellblau

Aiways

Aiways U5 (ADAC: 290 km), Aiways U6 (ADAC: 320 km)
der byd atto 3 in blauder byd atto 3 in blau

BYD

Atto 3 (ADAC: 350 km), Han (WTLP: 521 km), Tang (WLTP: 400 km), Dolphin (WLTP: 427 km), Seal (WLTP: ab 520 km), Seal U (WLTP: ab 420 km)
der mg4 electric in orangeder mg4 electric in orange

MG

MG4 Electric (ADAC: 390 km), MG5 Electric (ADAC: 315 km), MG ZS EV (ADAC: 375 km), MG Marvel R Electric (ADAC: 325 km)

NIO

ET5 (ADAC: ab 350 km), ET7 (ADAC: 485 km; mit Feststoffbatterie 2024 dann WTLP: 1000 km), EL7 (ADAC: 420 km)
der xpeng p7i ist noch leider nur in china verfügbarder xpeng p7i ist noch leider nur in china verfügbar

XPeng

G9 (WLTP: ab 460 km), P7 (WLTP: 576 km)

Europa war gestern: Welche Marken in China produzieren

Wie wichtig China in Zukunft in dieser Branche wird, das ist auch anhand der vielen – ehemals europäischen – Marken zu sehen, die entweder ganz in chinesischer Hand sind oder dort immerhin dort produzieren lassen. Zu letzteren gehören beispielsweise:

  • BMW: Das hättet ihr vielleicht nicht kommen sehen, aber der BMW iX3 wird beispielsweise in Shenyang gebaut. Auch die Tochter Mini sollte ursprünglich nicht auf den britischen Inseln gefertigt werden; man wollte für die Produktion des neuesten Modells den Partner Great Wall Motor einspannen. Erst Ende Februar 2024 kam dann die Nachricht, dass sowohl der Mini Cooper, als auch der Crossover Aceman doch in Oxford gefertigt werden soll.
  • Stellantis: Auch, wenn Stellantis nicht jedem ein Begriff ist, so kennt jedes Kind Abarth, Alfa Romeo, Citroën, Dodge, Fiat, Jeep, Lancia, Maserati, Opel oder Peugeot. Der neue Citroën C5 X, der im September 2023 vorgestellt wurde, stammt komplett aus Shenzhen – egal, ob Verbrenner oder Stromer. Noch etwas unbekannter, aber auch aus dem Hause Stellantis, ist DS. Das Flaggschiff, die Limousine DS9, läuft ebenfalls in China vom Band.
  • Dacia: Die Renault-Tochter baut Autos für den kleinen Geldbeutel, zumeist in Rumänien. Der Dacia Spring hingegen, das vermutlich günstigste E-Auto weltweit, kommt mittlerweile aus Wuhan, China.
  • Tesla: Man könnte meinen, dass Tesla seine Modelle für den europäischen Markt allesamt in der Giga-Factory in Grünheide bei Berlin montieren lässt, aber weit gefehlt. Dort wird nur das SUV Model Y zusammengebaut, das beliebte Model 3 stammt entweder aus dem amerikanischen Freemont oder aus Shanghai.

China in Shopping-Laune: Diese Marken waren mal europäisch

Kooperationen mit chinesischen Unternehmen und die Auslagerung von Produktionsstätten sind per se nichts neues. Schwankende und schwächelnde Marken in Europa werden aber zunehmend von großen Konzernen aus Fernost aufgekauft. Besonders die Zhejiang Geely Holding Group Co., Ltd. (ZGH), besser bekannt als Geely, ist in den letzten Jahren in Kauflaune gewesen und hat große Teile von in Europa etablierten Marken und Unternehmen aufgekauft.

  • Smart: Der Winzling, der einst von fleißigen Mercedes-Ingenieuren entwickelt wurde, wird jetzt in China zusammengeschraubt – die Marke wurde zu großen Teilen vom Geely-Konzern aufgekauft. Die Produktionsstätte der komplett elektrischen Modelle #1 und #2 befindet sich in Xi’an.
  • Lotus: Erst vor kurzem durfte die Sportwagen-Marke Lotus ihr Comeback feiern. Lange Jahre hörte man nichts mehr von den Briten – mittlerweile gehören sie allerdings ebenfalls Geely. Die Chinesen schufen den Lotus Eletre. Das ist zwar leider ein Elektro-SUV, hat aber immerhin bis zu krasse 918 PS.
  • Volvo & Polestar: Beide Marken gehören seit wenigen Jahren zum chinesischen Auto-Riesen Geely. Von Anfang an lief der Polestar 2 in Asien vom Band – dass der Schwede halber Chinese ist, sollte soweit keine Überraschung sein. Doch auch das Nokia der Automobilwelt, Volvo, lässt seinen S90 komplett in China produzieren. Der in Deutschland sehr beliebte XS60 wird mittlerweile teils in Schweden, teils in Chengdu, China, zusammengebaut. Gleiches gilt für den XC90.

CarVia-Fazit: CLTC & China – unaufhaltsam?

Sie sind gekommen, um zu bleiben. Chinesische Hersteller haben auf dem europäischen Markt mehr als nur einen Fuß in der Tür und treiben altehrwürdigen Manufakturen hierzulande die Schweißperlen auf die Stirn. Aus dem richtigen Blickwinkel ist das vielleicht sogar etwas sehr positives: Denn wer sich in die Enge gedrängt fühlt, der riskiert mehr, der läuft zu Hochtouren auf… und der baut hoffentlich bald günstigere (E-)Autos, wenn er mithalten will.

Während chinesische Hersteller bei Verbrennungsmotoren nie mit der Finesse deutscher Hersteller mithalten konnten, sind E-Autos eine ganz andere Geschichte. Da war nämlich 2023 selbst Tesla nicht mehr Platzhirsch, sondern BYD.

Die CLTC-Reichweite wird also viel wichtiger als man vielleicht annehmen würde – da trifft es sich gut, wenn man der beim Kauf eines E-Autos nicht allzu sehr vertraut und auch noch weiß, warum.

Wie schon zu Beginn gesagt: Mit einem chinesischen Auto, egal ob Marke oder lediglich Produktionsstätte, können wir als Autovermietung noch nicht aufwarten. Dafür aber mit der Konkurrenz aus Deutschland und den USA: Wollt ihr einen Tesla mieten oder doch lieber mit einen Porsche Taycan erleben, dann seid ihr bei CarVia an der richtigen Adresse.

CarVia Magazin

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